Die Shirts sind nun auch endlich in Leipzig erhältlich!
STRONGER TOGETHER
Solidarität organisieren!
Unter dem Motto „stronger together“ rufen wir zu einer Solidaritätskampagne mit den im Kontext der Ereignisse um den sogenannten „Tag der Ehre“ in Budapest 2023 verfolgten Antifaschist:innen auf. Der Auftakt unserer Kampagne fällt mit dem Prozessbeginn in Ungarn gegen Tobi, Ilaria und einer weiteren Genossin zusammen. Die Kampagne hat das Ziel Geld für Repressionskosten zu sammeln und richtet sich insbesondere an andere Städte. Konkret suchen wir Abnehmer:innen für eine selbstgewählte Stückzahl an Shirts, die ihr in eurer Stadt dann weiterverkaufen könnt.
Warum der Appell an andere Städte?
Seit etwa drei Jahren sehen wir uns in Leipzig mit einer nicht endenden Repressionswelle konfrontiert, die eine Vielzahl an unterschiedlichsten Verfahren nach sich zieht. Sicherlich gibt es dabei die großen und allseits bekannten Verfahren, die Repressionswelle umfasst jedoch zusätzlich viele weitere Verfahren, die nicht übersehen werden sollten. Nicht nur Prozesskosten, auch jede der unzähligen Hausdurchsuchungen kostet Geld. Es ist daher in Leipzig zur Daueraufgabe geworden Geld zu sammeln, um die Betroffenen der unterschiedlichen Verfahren zu unterstützen. Die dafür bestehenden Ressourcen reichen für den immensen Berg an Kosten längst nicht mehr aus. Keine Woche vergeht, in der nicht mehrere, oft kleine, Soliaktionen irgendwo stattfinden, um Geld zu sammeln. Als Antifaschist:innen in Leipzig schieben wir uns also permanent gegenseitig Geld zu, was weder ein Konzept von Dauer ist, noch die Kosten decken kann. Mit unserer Kampagne „stronger together“ rufen wir andere Städte dazu auf, Folgen der Repression mit aufzufangen. Aus diesem Grund haben wir zwei Soli-Shirts entworfen. Wir verkaufen diese Shirts vor allem in kleineren und größeren Paketen in andere Städte. Dazu am Ende mehr.
Warum das Budapest-Verfahren?
Als es im Februar 2023 in Budapest zu der Inhaftierung mehrerer Antifaschist:innen kam, war schon zu erwarten, dass dies nicht nur der Anfang eines neuen und großen Repressionsschlags gegen die antifaschistische Bewegung als solche, sondern insbesondere auch gegen die Betroffenen und ihre Umfelder bedeuten wird. Und so ist es auch gekommen. Doch nicht nur die ungarischen Behörden exekutieren an den betroffenen Antifaschist:innen ihren politisch motivierten Verfolgungseifer. Die deutschen Behörden machen sich zum willentlichen Helfer und blasen gemeinsam mit der rechten Fidesz-Regierung in Ungarn zur Jagd auf Genoss:innen in Deutschland und Italien. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat entsprechend ein sogenanntes Spiegelverfahren zu den Ermittlungen in Ungarn eingeleitet. Sie fahndet damit nach weiteren flüchtigen Tatverdächtigen. In der Folge kam es im Dezember in Berlin zur Festnahme einer gesuchten Person, Maja, aufgrund eines deutschen Haftbefehls. Mittlerweile wurde Maja seit nunmehr 10 Tagen in Isolationshaft gesteckt. Ein Auslieferungsverfahren gegen Maja läuft, genauso gegen Gabri, einen Genossen aus Mailand.
Neben flächendeckenden Observationen, Hausdurchsuchungen und Öffentlichkeitsfahndungen gepaart mit europaweiten Haftbefehlen, wird mittels RAF-Vergleichen ein Narrativ gefüttert, dass die sich immer weiter zuspitzende Gewalt durch die staatlichen Repressionorgane öffentlich rechtfertigen soll. Den untergetauchten und inhaftierten Genoss:innen drohen viele Jahre Haft in Ungarn, einem rechtsautoritären Staat. Als solcher machte dieser von Beginn an aus seiner politisch motivierten Verfolgung gegenüber den beschuldigten Antifaschist:innen keinen Hehl. Er entspricht in seiner Vehemenz vielmehr den politischen Kräfteverhältnissen des Landes. Wen die ungarischen Behörden also als politischen Gegner verstehen, machten sie mit den ersten Festnahmen im Februar 2023 klar. Diese wurden in einem von der ungarischen Polizei eigens angefertigten Videoclip inszeniert und ihre Pressekonferenz wurde im TV ausgestrahlt. Die Polizei bediente damals schon das Narrativ der Neonazis als unbescholtene Opfer, während parallel dazu Forderungen von rechten Politikern nach einem Verbot der Antifa als Terrororganisation auf europäischer Ebene aufkamen.
Das alles folgt nur konsequent dem autoritären Umbau Ungarns unter Viktor Orban und seiner rechten Fidesz-Partei. Zu diesem gehört nicht nur ein ausgeprägter Nationalismus, Unterdrückung der LGBTQIA*-Bewegung, die Kontrolle der ungarischen Medienlandschaft und die Einschränkung der Pressefreiheit, ebenso wie ein offener Antisemitismus, sondern eben auch der ideologisch begründete Hass auf Antifaschist:innen und unsere Kämpfe. Während Ungarns Präsidentin jüngst einen Rechtsterroristen amnestierte, der u.a Brand- und Sprengstoffanschläge auf die Häuser linker und liberaler Politiker verübte sowie einen Mordanschlag plante, verfolgt der Staat unsere Genoss:innen mit aller Konsequenz. Dass sich also seit Jahren jährlich zum sog. „Tag der Ehre“ tausende europäische Neonazis nach Budapest aufmachen und sich dort wohlfühlen, ist nicht verwunderlich. Sie können in SS-Uniformen und Wehrmachtskleidung auflaufen, das Hakenkreuz präsentieren, und ganz offen der Massenvernichtung an Jüdinnen und Juden, sowie weiteren verfolgten Gruppen durch die Deutschen im Zweiten Weltkrieg huldigen. Es ist also nur folgerichtig, dass Antifaschist:innen diesem Geschichtsrevisionismus und der NS-Verherrlichung etwas entgegensetzen. Und die ungarischen Behörden machen klar, wen es im Zweifel zu schützen und wen es zu verfolgen gilt: sie verfolgt die Antifaschist:innen, denen eine Beteiligung an Angriffen auf Neonazis vorgeworfen wird, als eine internationale kriminelle Vereinigung und außerdem nach dem § 216 des ungarischen Strafgesetzbuches: „Der Paragraph […] anerkennt die besondere Schwere einer Gewalttat gegen gesellschaftlich diskriminierte Gruppen wie LGBTQI-Personen, ethnische ,Minderheiten‘ oder Personen mit Behinderung. Unterm Strich unterstellt die Budapester Staatsanwaltschaft, Neonazis wären eine diskriminierte Minderheit und die Genoss:innen hätten ein Hate Crime gegen Neonazis begangen.“1 Mittlerweile musste der Vorwurf der „Gewalt gegen ein Mitglied der Gemeinschaft“ (eigentlich zum Schutz von Minderheiten) zwar gestrichen werden, da dies unter Anbetracht der geschädigten Nazis vermutlich doch nicht so ganz haltbar ist. Die Verfolgung aufgrund einer internationalen kriminellen Vereinigung bleibt jedoch.
Doch wie gehen wir als radikale Linke damit um?
Abseits von der konkreten Suche nach den Untergetauchten sind die Ziele der Repressionsorgane zum einen die Zerschlagung von vermeintlichen Strukturen, deren antifaschistische Praxis nicht das bürgerliche Gesetzbuch zum Ausgangs- und Endpunkt hat. Zum anderen soll es der Abschreckung dienen, gegenüber einer militanten und offensiven antifaschistischen Praxis und zeigen was passiert, wenn zur antifaschistischen Gegengewalt im Kampf gegen gewalttätige neonazistische Strukturen gegriffen wird. Dass es mehrmals auch vermeintliche Unterstützer:innen getroffen hat, soll außerdem klar machen, was die Konsequenzen sind, wenn wir zusammenhalten, Beschuldigte unterstützen oder gar verstecken.
Die immer wieder durch die deutschen Repressionsorgane aufgeworfenen RAF-Vergleiche und das Insistieren darauf, dass es früher oder später zu Toten kommen werde, zeichnet ein öffentliches Bedrohungszenario durch Linke, welches bürgerliche und rechte Medien vielfach reproduzieren. Es soll zur Entsolidarisierung und Isolation der radikalen Linken, antifaschistischer Arbeit und vor allem aber der betroffenen, untergetauchten und inhaftierten Genoss:innen führen. Mit unserer Soli-Kampagne „stronger together“ wollen wir diese Kalkulation durchbrechen und rufen auch andere Gruppen, Initiativen und Einzelpersonen dazu auf, sich zu positionieren. Der positive Bezug auf unterschiedliche Formen der Kämpfe kann für die Bewegung als solche, insbesondere aber auch gegenwärtig für die betroffenen Genoss:innen bestärkend sein. Wir müssen den bürgerlichen Medien, den Repressionsorganen, sowie den unterschiedlichen rechten Akteur:innen und ihren politischen Kampagnen zur Verunglimpfung einer offensiven antifaschistischen Praxis, sowie unserer Kämpfe im Allgemeinen, mit selbstbewusster Positionierung entgegen treten. Eine Einordnung aus einem Debattenbeitrag bringt dies ganz treffend auf den Punkt:
„Dass das Maß der Repression gerade qualitativ den Stand unserer Kämpfe übersteigt, schafft ein Missverhältnis, in dem sich die Repression ohne bewusstes Handeln und bewusste Entscheidungen durchsetzen wird. Politisches Bewusstsein entwickelt sich unter anderem aus den konkreten Lebensumständen und aus den Kämpfen, die wir führen. Die großteils legalen Kämpfe in Deutschland bereiten die Beteiligten dementsprechend kaum auf den Umgang mit der Repression vor, die der Staat aktuell gegen die Untergetauchten und ihr vermeintliches Umfeld aufzieht. Dass die linke Bewegung in Deutschland von der aktuellen Repression des Staates eingeschüchtert ist, ist also nicht wirklich verwunderlich. Diese Erkenntnis allein bringt uns aber auch nicht weiter. Es braucht die aktive Entscheidung für Solidarität mit den Untergetauchten und für die Praxis, für die sie vom Staat verfolgt werden, es braucht einen klaren Antagonismus zum bürgerlichen Staat und zu seiner Klassenjustiz, um der aktuellen Repression widerstehen zu können.“ 2
Ihr wollt die Kampagne unterstützen?
Ihr könnt euch vorstellen als Gruppe, Ladenkollektiv oder Einzelperson in eurer Stadt die Shirts zu vertreiben? Falls ja, dann könnt ihr uns eine selbstgewählte Stückzahl abnehmen und in eurer Stadt weiterverkaufen. Für alles weitere: schreibt uns eine verschlüsselte Mail an kappa-leipzig@riseup.net! Den PGP-Schlüssel findet ihr auf unserem Blog.
Für eine starke antifaschistische Bewegung!
Freiheit und Glück allen inhaftierten, betroffenen und untergetauchten Genoss:innen.
Freiheit für Tobi, Ilaria, Gabri und Maja!
[K]appa – Kommunistische Gruppe Leipzig
1 https://antifainfoblatt.de/aib140/ungarn-hate-crime-gegen-neonazis-antifas-haft
2 https://knack.news/7367