Redebeiträge

  • 08.10.2023 / Leipzig / Solidarität mit Israel

    Nach dem Angriff der Hamas auf Israel am 07.10.2023 haben sich linke Gruppen aus Leipzig mit der antisemitischen Mörderbande solidarisiert. Darum geht es in diesem Redebeitrag.

  • Liebe Freund*innen Israels,

    im Anbetracht des barbarischen Überraschungsangriffes der Hamas auf Israels Zivilbevölkerung, bleiben auch wir mit Gefühlen der Betroffenheit und Ohnmacht zurück. Unsere Gedanken sind bei den Opfern und ihren Familien, unsere Solidarität gilt den Menschen in Israel!

    In unserem Beitrag möchten wir den Fokus jedoch auf Leipziger Zustande der radikalen Linken richten. Seit mehreren Jahren gewinnen autoritäre rote Gruppen und ihre Vorfeldorganisationen an Einfluss. Sie locken mit einfachen Welterklärungen, nutzen gezielt offene linke Strukturen, um Mehrheitsverhältnisse zugunsten ihrer Agenda zu verändern – die Kritischen Einführungswochen sind dafür ein bitteres Beispiel – und suchen in unumstrittenen Politikfeldern strategische Bündnisse mit emanzipatorischen Gruppen.

    Die Reaktion einiger dieser problematischen Organisationen auf den mörderischen Angriff der radikalislamischen Hamas, sollte all jenen Teilen der Linken eine Warnung sein, denen der Begriff Emanzipation etwas bedeutet.
    Young Struggle und Zora, die beide der stalinistischen türkischen MLKP nahestehen, teilten auf Insta einen Beitrag, der Israel als Apartheidstaat denunziert und die Angriffe als „Widerstand und nationale Befreiung gegen koloniale Unterdrückung“ und als „legitimen Widerstand“ bezeichnet.

    Während wahllos schlimmste Verbrechen an Kindern, Alten, Männern und Frauen begangen werden, erscheinen ihnen diese Taten noch als Akt des heroischen Widerstandes. Dieser Wahnsinn muss als solcher benannt werden.

    Ein Wahnsinn, der auch darin aufscheint, sich mit Islamisten zu solidarisieren, deren Vorstellung von Gesellschaft nicht weiter von der einer befreiten entfernt sein könnte. Der sich zeigt, wenn Zora die strategische misogyne Gewalt von Islamisten unter den Teppich des nationalen Befreiungskampfes kehrt. Ein Feminismus, der Jüd*innen nicht mit meint, der ist keiner. Wie so oft wirkt der Hass auf Israel als verbindendes Element der alle Widersprüche zum Verschwinden bringt.

    Die Jugendkommune, das Solinetz Leipzig, sowie Zora teilten auf Insta einen Beitrag der orthodox kommunistischen Onlinezeitung „Perspektive”, die den Angriff als ganz normale militärische Operation einer Kriegspartei verharmlost und die die überrannten südlichen Gemeinden verbal als „Siedlungen“ zum Abschuss freigibt. Es seien nur israelische Soldaten angegriffen worden und hier und da sogar Waffen erbeutet.

    Jeder Hinweis auf die Realität muss sich für diese Ideologen wie eine Existenzbedrohung anfühlen.
    Die eigentliche Existenz aber, die bedroht ist, ist die von Jüdinnen und Juden.

    Auch von ebenjenen Gruppen, die hier erwähnt wurden und die sich verantwortlich zeichnen für all die „Yallah Intifada“ und „from the river to the sea“ Parolen während Klimaprotesten und dem unwürdigen Hanau Gedenken in diesem Jahr. Was diese Parolen meinen, ist das, was gerade in Israel passiert.

    Wir rufen dazu auf, diesem Treiben nicht weiter unwidersprochen zuzuschauen. Gegen jeden Antisemitismus! Gegen linken Antisemitismus. Solidarität mit Israel!

  • 14.05.2023 / Leipzig / Reclaim Antifa. Emanzipatorisch statt antisemitisch.

    Der Jahrestag der israelischen Staatsgründung wird von antisemitischen, auch linken, Gruppen regelmäßig genutzt, um Demonstrationen gegen das Existenzrecht Israels zu organisieren. Dieses Jahr haben wir im Reclaim Antifa Bündnis gemeinsam mit Jugend gegen Rechts, Fantifa und Utopie+PRrxis den Spieß umgedreht und eine Demonstration gegen den Antisemitismus der Linken, insbesondere der Roten autoritären Gruppen, organisiert.

  • BAnner Reclaim Antifa - Emanzipatorisch statt Antisemitisch

    Das Projekt, einen jüdischen Staat zu gründen, geht schon bis ins späte 19. Jahrhundert zurück. 1948 ist es endlich erfolgreich. Der Kampf der zionistischen Bewegung um einen jüdischen Staat scheint zunächst gewonnen. Unter dem Eindruck der Shoah war Linken in Westdeutschland zunächst klar, dass dieser Staat unterstützt werden muss. Das ändert sich mit dem Sechs-Tage-Krieg. 1967 war Israel von feindlichen Mächten umgeben. Alle Nachbarstaaten hatten das klare Ziel, den jüdischen Staat zu vernichten. Israel entschloss sich angesichts der wachsenden Bedrohung zum Präventivschlag – und siegte innerhalb von sechs Tagen gegen alle seine Nachbarstaaten. Israel gewann die Kontrolle über verschiedene Grenzgebiete und den Gazastreifen. Die drohende Vernichtung des jüdischen Staates war abgewendet.

    Aber mit diesem Krieg wandelte sich auch die Stimmung innerhalb der westdeutschen Linken. Statt der Solidarität mit den Opfern des deutschen Vernichtungswahns, wurden zusehends die Palästinenser als Unterdrückte gesehen. Die westdeutsche Linke entdeckte den Antizionismus. Einer seiner vielen fürchterlichen Höhepunkte: Deutsche Terroristen, die bei einer Flugzeugentführung jüdische Passagiere von den anderen trennten. Und nur die jüdischen nicht freiließen. Woher kam dieser antisemitische Antizionismus?

    Die Linke sah sich als antiimperialistisch. In diesem Weltbild gibt es ein klares Gegenüber von Gut und Böse. Böse, das waren die imperialistischen Großmächte des Westens. Gut, das waren die unterdrückten Völker. Dieser klare Gegensatz ersetzt jegliche Kritik am Funktionszusammenhang des Kapitalismus. Für die antiimperialistische Linke war nicht das System für das Elend verantwortlich, sondern das Handeln der Herrschenden, der Eliten. Und wo von Eliten als Ursache des Elends geredet wird, da ist der Judenhass bekanntlich eh nicht weit.

    Und schließlich, nach einer kurzen Phase der Solidarität mit Israel, geplagt vom schlechten Gewissen über die eigenen Verbrechen, wandelte sich die Stimmung bis hin zum eliminatorischen Hass auf den Staat der Juden. Die Israelis handelten ab dem Sechs-Tage-Krieg nicht mehr eindeutig als Opfer, als Unterdrückte. Vielmehr begannen sie spätestens jetzt, Palästinenser zu unterdrücken. Und da das antiimperialistische Weltbild nunmal kein evil-good oder lawful-bad kennt, rutschte Israel aus der Liga der Guten ins Lager der Bösen ab. Israel wurde Sinnbild für den Imperialismus und den Westen. Blöder Antiimperialismus vermischte sich mit traditionellem deutschen Antisemitismus. Das “gute”, weil gegen die imperialistische Unterdrückung kämpfende palästinensische Volk, wurde den “bösen” Israelis, also Juden, gegenübergestellt. Und der Staat Israel so vom Selbstverteidigungsprojekt zum Hindernis im Kampf um die Befreiung der Menschheit von den bösen Mächten des Imperialismus.

    Die Rhetorik antiimperialistischer Gruppen erscheint revolutionär und stellt die Solidarität mit „den Unterdrückten“ in den Mittelpunkt, bietet letztlich damit aber einen Anknüpfungspunkt für antisemitisches Denken. Und spätestens dann, wenn Juden persönlich für Handlungen des Staates Israel verantwortlich gemacht werden, ist der Grundstein für antisemitischen Terror gelegt. Größtenteils geht dieser von rechten und islamistischen Gruppierungen aus, doch vor allem in den 70ern und 80ern gab es eine ganze Reihe antisemitisch motivierter Anschläge durch deutsche Linke – das darf nie wieder passieren und es ist unsere Aufgabe, es zu verhindern.

    Ganz abgesehen davon also, dass wir Antisemitismus natürlich moralisch verurteilen, ist er auch antiemanzipatorisch. Der Ideologie von Herrschenden und Unterdrückten, vom Volkskampf gegen die Elite, können nur Rechte etwas abgewinnen. Für die kommunistische Bewegung bietet sie keinen Mehrwert, sie ist eine Gefahr, die wir bekämpfen müssen.

  • 25.02.2023 / Zwickau / Femizide stoppen – In Gedenken an Nadera

    Am 25.02.2023 fand in Zwickau eine Kundgebung in Gedenken an die Anfang Februar von ihrem Ehemann ermordete, 33-jährige Nadera statt. Wir hielten einen Redebeitrag zu den Hintergründen männlicher Überlegenheitsphantasien und männlicher Gewalt gegen Frauen. Die Kundgebung wurde organisiert vom Haus der Frauen e.V. in Zusammenarbeit mit DaMigra.

  • Wir stehen heute hier zusammen, weil wieder eine Frau von ihrem Ehemann ermordet wurde. Morde an Frauen aufgrund ihres Geschlechts nennen wir Femizid. Diese sind patriarchale Normalität. Jeden Tag versucht ein Mann in Deutschland eine Frau zu töten, jeden zweiten bis dritten Tag gelingt es. Es ist kein unglücklicher Einzellfall und kein vermeintliches Beziehungs- oder Eifersuchtsdrama, wie Femizide sexistischer Weise leider viel zu oft verharmlost werden. Um Femizide zu verstehen, müssen wir uns anschauen, aus welchem Grund Männer Frauen töten.

    Von klein auf wird Jungen in dieser Gesellschaft vermittelt, dass sie Frauen nicht nur überlegen sind und das auch zu sein haben, sondern auch, dass es Teil der weiblichen Geschlechterrolle ist, ihnen zur Verfügung zu stehen. Also, dass Frauen sich kümmern und sie umsorgen. In der Folge verinnerlichen Jungen und Männer eine Dominanz- und Anspruchshaltung gegenüber Frauen und machen sie verantwortlich für die Befriedigung ihrer Bedürfnisse – und nur dafür. Männlichkeit in modernen patriarchalen Kulturen bedeutet kurzum, sich prinzipiell als das überlegene Geschlecht zu definieren.

    Ebenso mit Männlichkeit fest verbunden, ist das Ideal männlicher Autonomie, also Unabhängigkeit.
    Durch die Selbstbestimmung der Frau, insbesondere im Bereich der Sexualität, wird dieser männliche Autonomieanspruch angezweifelt. So wird dem Mann durch seine eigene Sexualität seine eben doch vorhandene Abhängigkeit von der Frau vor Augen geführt. Da er jedoch gelernt hat, Frauen gegenüber überlegen und grundlegend unabhängig zu sein und diesem Anspruch nun nicht gerecht wird, verspürt er in der Folge eigentlich eine Verachtung für sich selbst, die er aber schließlich auf die Frau überträgt.

    Die weibliche Sexualität stellt für Männer eine Bedrohung dar, da diese ihnen nicht beliebig zur Verfügung steht, sondern Frauen selbstbestimmt darüber entscheiden können. Männer wollen unabhängig sein und haben verinnerlicht, über Frauen verfügen zu können und zu dürfen. Frauen müssen aber ihren vermeintlichen Rollenerwartungen nicht nachkommen, können also ihre Zuneigung verwehren.
    Diese Ablehnung, also die Kränkung des Männlichen Überlegenheits- und Dominanzsanspruchs, ist einer der relevantesten Ursprünge von sexueller aber auch nicht-sexueller männlicher Gewalt. Sie dient als Mittel, die beschädigte Männlichkeit wiederherzustellen. Aggressives und gewalttätiges Verhalten von Männern ist unmittelbar im Zusammenhang zur männlichen Sozialisation und der in
    diesem Zuge verinnerlichten Entwertung des Weiblichen zu betrachten.

    Männer in dieser Gesellschaft müssen dem Druck standhalten, sich nicht nur von allem Weiblichen abzuspalten, sich als das überlegene Geschlecht zu setzen, sondern im Zweifel diese Überlegenheit durch Gewalt an Frauen auch unter Beweis zu stellen. Und die letzte und mörderischste Konsequenz suchen Männer in der absoluten Negation weiblicher Selbstbestimmung, also deren Auslöschung im Femizid.
    Denn Männer töten meist dann, wenn Frauen ihren vermeintlichen Pflichten ihnen gegenüber nicht nachkommen und die an sie gestellten weiblichen Rollenerwartungen nicht erfüllen. Es ist also auch kein Zufall, dass Frauen insbesondere von ihren (Ex-)Partnern getötet werden.

    Wenn wir diese gesellschaftlichen Verhältnisse und ihre Männlichkeit nicht überwinden, also Femiziden nicht ihre gesellschaftliche Grundlagen entziehen, endet auch der mörderische Hass auf Weiblichkeit nicht, sondern produziert weiter alltägliche Gewalt.

    Gegen diese Gesellschaft und ihre Männlichkeit! Sexismus tötet! Alerta Feminista!

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    Die Kundgebung wurde organisiert von Haus der Frauen (Instagramlink).

  • 12.06.2022 / Stötteritz Nazifrei / Antifa muss praktisch werden

    Am 12.06.2022 haben wir auf der Kundgebung gegen den neonazistischen Angriff Ende Mai 2022 in Stötteritz einen Redebeitrag gehalten. Es geht um die andauernde Notwendigkeit von Antifaschismus auch in der vermeintlich linken Stadt Leipzig und erst Recht über die Stadtgrenzen hinaus.

  • Aufruf von Stötteritz Nazifrei zur Kundgebung gegen den neonazistischen Angriff in Stötteritz mit dem Titel Antifa muss praktisch werden.

    Leipzig ist Nazifrei. Das ist eine Illusion, der sich viele Linke in dieser Stadt nur zu gerne hingeben. Und ein Bild, dass von Aussen häufig auf die Stadt projiziert wird. Das weltoffene Leipzig eben, die Stadt in der die antifaschistische Bewegung die Nazis erfolgreich zurückgedrängt hat. Und das auch noch mitten in Ostdeutschland.

    Dass das nicht die ganze Wahrheit ist, zeigt sich schon daran, dass wir heute auf dieser Kundgebung stehen. In den Szenekiezen und studentisch geprägten Vierteln mag die rechte Szene aus der Öffentlichkeit verdrängt sein, aber egal ob Innenstadt oder Randbezirke: Rechte Kneipen, Tattooläden und Übergriffe gibt es fast überall in dieser Stadt. Da wäre z.b. die Große Fleischergasse 4 direkt bei den Höfen am Brühl. Hier finden sich Geschäftsräume der Leipziger Rechten direkt neben einer von den Hells Angeles betriebenen Tabledancebar. Kein Zufall, die sogenannte Leipziger Mischszene ist schon lange keine Neuheit mehr. Es gibt sie auch hier in Stötteritz, wo sich Rocker, organisierte Kriminalität und Faschos im Gym zum Kampfsport und in der Kneipe zum Trinken treffen. Vor ein paar Tagen wurde dazu auch ein Outing bei Inventati veröffentlicht.

    Neben rechts dominierten Kampfsportgyms gibt es die neonazistischen Burschenschaften im Leipziger Norden, rassistische Kneipen wie die Südstaatenkneipe Old Rebel im Leipziger Weste oder das wichtige Verschwörungsideologische Medienportal NuoViso in der Leipziger Südvorstadt. Um nur einige wenige Beispiele zu nennen.

    Ihr seht: Leipzig ist nicht die nazifreie Hochburg für die sie viele halten. Dass die Kräfteverhältnis hier besser sind als in Zwönitz, Bautzen oder Zwickau haben wir aber keinem Zufall zu verdanken. Es ist das Produkt jahrzehntelanger antifaschistischer Kämpfe in dieser Stadt. Darauf dürfen wir uns nicht ausruhen. Wir müssen uns rechter Raumnahme wieder entschlossen entgegenstellen, ob in Stötteritz oder Zschocher, genau so wie in Zwickau, Borna oder einer anderen beliebigen sächsischen Kleinstadt.

    Beschäftigt euch mit den rechten Orten in eurer Umgebung. Lasst Nazis nicht in Ruhe ihr Ding machen, sondern zerrt sie an die Öffentlichkeit, wie heute durch diese Kundgebung. Organisiert euch in Gruppen und vernetzt euch mit anderen, ob in Connewitz, Stötteritz oder Grimma. Und vor allem, schauen wir wieder über Leipzigs Stadtgrenzen hinaus und lasst uns wieder eine Unterstützung sein für die Genoss*innen im sächsischen Wasteland.

    Antifa auch außerhalb der Wohlfühlkieze. Gegen Deutschland und seine Nazis. Keine Ruhe der schweigenden Mehrheit.

    Zum Abschluss möchten wir den Betroffenen des Naziangriffs gute Genesung und ein stärkendes Umfeld wünschen.

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    Die Kundgebung wurde organisiert von Stötteritz Nazifrei.