Am 25.02.2023 fand in Zwickau eine Kundgebung in Gedenken an die Anfang Februar von ihrem Ehemann ermordete, 33-jährige Nadera statt. Wir hielten einen Redebeitrag zu den Hintergründen männlicher Überlegenheitsphantasien und männlicher Gewalt gegen Frauen. Nachfolgend dokumentieren wir unseren Redebeitrag.
Redebeitrag von Kappa – Kommunistische Gruppe Leipzig
Wir stehen heute hier zusammen, weil wieder eine Frau von ihrem Ehemann ermordet wurde. Morde an Frauen aufgrund ihres Geschlechts nennen wir Femizid. Diese sind patriarchale Normalität. Jeden Tag versucht ein Mann in Deutschland eine Frau zu töten, jeden zweiten bis dritten Tag gelingt es. Es ist kein unglücklicher Einzellfall und kein vermeintliches Beziehungs- oder Eifersuchtsdrama, wie Femizide sexistischer Weise leider viel zu oft verharmlost werden. Um Femizide zu verstehen, müssen wir uns anschauen, aus welchem Grund Männer Frauen töten.
Von klein auf wird Jungen in dieser Gesellschaft vermittelt, dass sie Frauen nicht nur überlegen sind und das auch zu sein haben, sondern auch, dass es Teil der weiblichen Geschlechterrolle ist, ihnen zur Verfügung zu stehen. Also, dass Frauen sich kümmern und sie umsorgen. In der Folge verinnerlichen Jungen und Männer eine Dominanz- und Anspruchshaltung gegenüber Frauen und machen sie verantwortlich für die Befriedigung ihrer Bedürfnisse – und nur dafür. Männlichkeit in modernen patriarchalen Kulturen bedeutet kurzum, sich prinzipiell als das überlegene Geschlecht zu definieren.
Ebenso mit Männlichkeit fest verbunden, ist das Ideal männlicher Autonomie, also Unabhängigkeit.
Durch die Selbstbestimmung der Frau, insbesondere im Bereich der Sexualität, wird dieser männliche Autonomieanspruch angezweifelt. So wird dem Mann durch seine eigene Sexualität seine eben doch vorhandene Abhängigkeit von der Frau vor Augen geführt. Da er jedoch gelernt hat, Frauen gegenüber überlegen und grundlegend unabhängig zu sein und diesem Anspruch nun nicht gerecht wird, verspürt er in der Folge eigentlich eine Verachtung für sich selbst, die er aber schließlich auf die Frau überträgt.
Die weibliche Sexualität stellt für Männer eine Bedrohung dar, da diese ihnen nicht beliebig zur Verfügung steht, sondern Frauen selbstbestimmt darüber entscheiden können. Männer wollen unabhängig sein und haben verinnerlicht, über Frauen verfügen zu können und zu dürfen. Frauen müssen aber ihren vermeintlichen Rollenerwartungen nicht nachkommen, können also ihre Zuneigung verwehren.
Diese Ablehnung, also die Kränkung des Männlichen Überlegenheits- und Dominanzsanspruchs, ist einer der relevantesten Ursprünge von sexueller aber auch nicht-sexueller männlicher Gewalt. Sie dient als Mittel, die beschädigte Männlichkeit wiederherzustellen. Aggressives und gewalttätiges Verhalten von Männern ist unmittelbar im Zusammenhang zur männlichen Sozialisation und der in
diesem Zuge verinnerlichten Entwertung des Weiblichen zu betrachten.
Männer in dieser Gesellschaft müssen dem Druck standhalten, sich nicht nur von allem Weiblichen abzuspalten, sich als das überlegene Geschlecht zu setzen, sondern im Zweifel diese Überlegenheit durch Gewalt an Frauen auch unter Beweis zu stellen. Und die letzte und mörderischste Konsequenz suchen Männer in der absoluten Negation weiblicher Selbstbestimmung, also deren Auslöschung im Femizid.
Denn Männer töten meist dann, wenn Frauen ihren vermeintlichen Pflichten ihnen gegenüber nicht nachkommen und die an sie gestellten weiblichen Rollenerwartungen nicht erfüllen. Es ist also auch kein Zufall, dass Frauen insbesondere von ihren (Ex-)Partnern getötet werden.
Wenn wir diese gesellschaftlichen Verhältnisse und ihre Männlichkeit nicht überwinden, also Femiziden nicht ihre gesellschaftliche Grundlagen entziehen, endet auch der mörderische Hass auf Weiblichkeit nicht, sondern produziert weiter alltägliche Gewalt.
Gegen diese Gesellschaft und ihre Männlichkeit! Sexismus tötet! Alerta Feminista!