Veranstaltungsreihe Frühjahr ’24

Zwischen Kriegen, Klima und Krise, Krise, Krise irrlichtert die radikale Linke wie ein Pinguin auf einer abgebrochenen Eisscholle in Richtung Katastrophe. Als ausgewiesene Expert:innen für alles, was mit [k] zu tun hat, möchten wir uns in einer losen Veranstaltungsreihe in den nächsten Monaten vor allem mit einer der vielen kleinen und großen Katastrophen beschäftigen: Der Faschismus scheint zurückzukehren.

Während 35 Grad im Schatten im Sommer vielleicht noch für den einen oder anderen netten Nachmittag am See sorgen (als gefühlte Durchschnittstemperatur aber auch sehr beunruhigend sind), geht Vielen angesichts von 35 Prozent und mehr für die AfD doch langsam die Pumpe. Dabei ist das natürlich nur der offensichtlichste Ausdruck einer sich immer weiter verfestigenden autoritären, völkischen Formierung der Gesellschaft. Und selbst wenn uns das Blaue Wunder erspart bleibt, sind fünf weitere Jahre CDU-Regierung in Sachsen nicht direkt Ausdruck unserer Utopie.

Nur Schwarzmalen wollen wir aber auch nicht, sondern lieber begreifen, verstehen, weiterkämpfen – und dabei weder den Kopf noch die Hoffnung verlieren.

Aber was hilft gegen die Angst? Und was gegen die Rückkehr des Faschismus? Und (warum) kehrt er überhaupt zurück? Diese und noch einige Fragen mehr werden wir uns, euch und ein paar schlauen Leuten stellen – vielleicht gehen wir alle ja etwas klüger hinaus.

Zum Start der Veranstaltungsreihe wird Sebastian Schuller am 11.04. im Conne Island Café aus seinem Buch „Die Freiheit, die sie meinen“ vorlesen. Danach möchten wir gerne in die Diskussion gehen und versorgen euch auch noch für ein paar Stunden mit Holundersekt und weiteren Kaltgetränken.

Do., 11.04. 18 Uhr: Lesung mit Sebastian Schuller: „Die Freiheit, die sie meinen.“ – Verschwörungsideologie und autoritärer Neoliberalismus

Fast alle kennen Verschwörungsideolog:innen: Der Onkel, der während der Familienfeier die neuesten Infos zu den Rothschilds auspackt. Die Hebamme, die weiß, dass Impfen tötet. Der Arbeitskollege, der sich sich vor Chemtrails fürchtet.

Obwohl der Verschwörungsglaube längst ein Massenphänomen ist, neigen Forschung und Medien dazu, ihn zu individualisieren (und oft genug zu pathologisieren): ‚Das sind doch nur Schrullen‘, heißt es dann, ‚von Menschen, die in irgendwelche bubbles auf den sozialen Medien geraten sind.‘ Im Gegensatz dazu zeigt Sebastian Schuller in seinem neuen Buch ‚Die Freiheit die sie meinen‘ die gesellschaftliche Bedingtheit und Funktion von Verschwörungsideologie auf: Die Dauerkrisen des letzten Jahrzehnts und globale Katastrophen (wie Covid-19 und der Klimakollaps) stellen den kapitalistisch-realistischen Status quo in Frage. Auf diese Provokation reagieren regressive und privilegierte Teile der Gesellschaft mit strukturell-antisemitischen ‚Antworten‘ und formieren sich zur autoritären Revolte gegen jede, potentiell emanzipatorische Veränderung. Auf diese Weise werden sie zur Avantgarde einer neuen ideologischen Formation, die in der Verbindung von Antisemitismus, Sozialdarwinismus und kapitalistischem Marktfetisch besteht. Schuller nennt diese Formation ‚autoritärer Neoliberalismus‘.

In „Die Freiheit, die sie meinen“ untersucht Schuller diesen untergründigen Zusammenhang von Neoliberalismus und Verschwörungsdenken. Dabei nutzt er den politischen Diskurs während der Pandemie als eine Art Linse, durch die sich beobachten lässt, wie diese neue, politische Formation entstand und Hegemonie erringen konnte. Ob ‚Querdenken‘, der verschwörungsgläubige Onkel auf der Familienfeier, Impfgegner:innen oder andere Antisemit:innen: Sie alle stehen, so Schullers These, für eine aktuelle Entwicklungstendenz der kapitalistischen Gesellschaft hin zu einer neuen, radikal-individualistischen Form des Autoritarismus.

Wer mehr zu diesen Thesen erfahren will:
Am Donnerstag, den 11.4.2024 stellt Sebastian Schuller sein Buch im Conne Island Cafe vor. Veranstaltungsbeginn ist um 18.00 Uhr